Joachim Giesel, Willy Brandt bei dem 13. Ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall, Berlin, 21. September 1980.
Die Faust ist Symbol des Sozialismus – für Solidarität, Stärke und Widerstand. Noch vor Gerhard Schröder kann Willy Brandt als erster Medienkanzler bezeichnet werden. Er weiß, wie man sich darstellen muss und die Medien zum eigenen Vorteil nutzt. Denn bevor er in die Politik geht, arbeitet er als Journalist. Dieses Wissen kommt Brandt bei seinem Antritt als Bürgermeister Westberlins 1957 zu nutzen. In seinem Wahlkampf für das Kanzleramt 1969 positioniert er sich gegen die autoritäre Kanzlerdemokratie Adenauers und kündigt einen grundlegenden Kurswechsel an – „Wir wollen mehr Demokratie wagen“. Joachim Giesels Porträt entsteht auf dem 13. Ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall, der vom 21. bis 27. September 1980 in West-Berlin stattfindet. Brandt ist als Gastredner eingeladen. Giesel fotografiert ihn am Rednerpult. Von links und rechts führen aus dem Bildraum zwei Mikrofone auf Brandt zu. Die Faust erhoben, wirkt er entschlossen. Dabei schlägt er in seiner Rede den Bogen zum Ersten Golfkrieg, der gerade ausbricht. „Die beiden Weltmächte haben den Krieg nicht gewollt, aber ohne die Waffen der beiden Weltmächte hätte jener Krieg so nicht geführt werden können. […] Sollte das nicht zum Nachdenken zwingen?“ Aus leichter Untersicht fotografiert, schaut der Betrachter wortwörtlich zu ihm auf. Ein besseres Bild kann es nicht geben. Auf Giesels Porträt ist Brandt nicht allein der Friedensnobelpreisträger, sondern auch der erste Medienkanzler der Bundesrepublik.
Konrad Schopplich