Joachim Giesel, FKK-Gruppe (aus der Serie Der Mensch in der Gruppe), Hannover, 1976.
Der Bund für Familiensport und freie Lebensgestaltung Hannover e.V. (BFFL) ist der zweite FFK-Verein, dessen Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg durch die britischen Alliierten gestattet wird. In den 1980er Jahren soll der Verein rund 4.000 Mitglieder gezählt haben. Giesel fotografiert 1976 einige von ihnen vor ihrem Vereinsheim, dessen Vordach Namen und Wappen des BFFL zieren. Eine Gruppe von dreizehn Personen verschiedenen Alters und Geschlechts sitzt gerade bei Kaffee und Kuchen anlässlich des Sommerabschlussballs, als sie der Fotograf bittet, sich in zwei Reihen anzuordnen. Ihre Heiterkeit ist allen deutlich anzusehen, ihre Gesichter verraten keinerlei Scham. Während in anderen Fotografien der Serie oft die einheitliche Kleidung die Abgebildeten als Menschen in der Gruppe definiert, ist hier die Nacktheit das gemeinsame Merkmal der Gruppe. Nacktheit ist der natürliche Zustand des menschlichen Körpers, Kleidung nur ein Artefakt. So merkt schon Heinrich Heine an: „Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unseren Kleidern“. Heute wird FKK-Kultur häufig mit der Massenbewegung seit den 1950er Jahren in der DDR in Verbindung gesetzt, tatsächlich wird jedoch sowohl in Ost- als in Westdeutschland eine Freiköperkultur praktiziert, die auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt in der Kaiserzeit und der Lebensreform-Bewegung zurückblickt. 2009/10 wird Giesels FKK-Gruppe in der Wanderausstellung Nude Visions – 150 Jahre Körperbilder in der Fotografie unter anderem in Leipzig gezeigt.
Rickie Lynne Giesel