Ein Helikopter des Bundesgrenzschutzes, eine Frau in einem Abendkleid mit Schutzhelm in einem frei schwingenden Netz hoch in den Lüften. In extremer Untersicht hat Joachim Giesel seine spektakuläre Aufnahme inszeniert, die an eine dramatische Entführungs- oder Rettungsszene in einem James-Bond-Film erinnert. Doch bei der Fotografie handelt es sich nicht um das Werbeplakat für die nächste Mission des britischen Geheimagenten, sondern um das Resultat eines Fotoshootings, das Giesel im Rahmen eines künstlerischen Projektes realisiert. In dem Netz, das an dem fliegenden Helikopter angebracht ist, posiert Sabine Granna, ein von Giesel bevorzugtes Modell. Ihr im Flugwind wehendes Tuch, das sie über den Schultern trägt, betont die Dynamik der Szene und verleiht der Fotografie ihre faszinierende Wirkung. Entsprechend aufwendig gestalten sich Vorbereitung und Realisierung des Projektes: Dank der Bekanntschaft zu einem Journalisten, der Verbindungen zum Bundesgrenzschutz und dem Helikopterpiloten hat, ergibt sich für Giesel die Möglichkeit, einen fünfzehnminütigen Übungsflug des Helikopters fotografisch zu begleiten. Seine Aufnahme gehört zu den Exponaten der Ausstellung Drei Photographen und ein Mädchen in der Markthalle Hannover, die Giesel 1970 gemeinsam mit Heinrich Riebesehl und Kurt Julius organisiert. Die Ausstellung ist wegweisend für die Gründung der spectrum Photogalerie, die zwei Jahre später erfolgen wird.
Laura Zoë Rosenthal