Für Joachim Giesel begann die intensive Auseinandersetzung mit Menschengruppen und ihren sozialen Dynamiken in den 1970er Jahren. Angeregt hatte ihn der Auftrag, das Orchester des NDR abzulichten. Seither hat die Thematik den Fotografen nicht mehr losgelassen.
Die Fotoserie Mensch in der Gruppe wurde u.a. 1976 in der Galerie der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) in Köln ausgestellt. Giesel lichtete die porträtierten Gruppen stets in ihrer natürlichen Umgebung ab und verzichtete auf jegliche Regie. So zeigten sich die Menschen vor dem Objektiv des Fotografen so, wie sie von ihrem Umfeld wahrgenommen werden möchten. Die Posen drücken erstaunlich ehrliche Charaktere und Wesensmerkmale aus. Hierarchien, Abhängigkeiten, Rollenverständnisse und Selbstbewusstsein der Einzelnen im Gruppenkontext werden in diesen „soziologisch engagierten Fotos sichtbar“ (Tils 1976, o. S.), so Dirk Tils über Giesel’s Fotografien.
Giesel schätzte die Arbeiten des amerikanischen Berufskollegen Neal Slavin und holte, im Rahmen seiner Tätigkeit als Kurator der spectrum Photogalerie, dessen Arbeiten bereits in den 70er Jahren nach Hannover. Wie Giesel interessierte sich Slavin für den Mensch als öffentliche Person im Kontext von Vereinen und Organisationen auch im Kontrast zu seiner privaten Natur. Eine Aufnahme von Slavin zeigt z.B. die Channel Swimming Association, eine Gruppe von Amateurschwimmerinnen und -schwimmern die mit engen Badekappen und Taucherbrillen am südenglischen Kieselstand von Dover posieren – Ein Motiv das auch Giesel in ähnlicher Weise fotografisch festhielt.
Die Fotografische Abteilung des Münchner Stadtmuseums kaufte 1979 im Rahmen der Ausstellung Fotografie 1919-1979. Made in Germany. Die GDL-Fotografen 12 Gruppenporträts von Giesel an. Die Aufnahme einer FKK-Gruppe war 2009 Teil einer großen Ausstellung Nude Visions. 150 Jahre Körperbilder in der Fotografie, bei der auch Werke von Helmut Newton zu sehen waren.