Joachim Giesel, Wohnwagen I (aus der Dokumentation Vorstädte), Deutschland, 1979-1980.
In den späten 1950er Jahren wächst in der Bundesrepublik mit dem wirtschaftlichen Aufschwung auch der Wunsch nach Freizeit und Erholung. Die Menschen wollen raus aus der Stadt, rein ins Grüne. Viele sehnen sich nach fernen Ländern. Dank des steigenden Wohlstandes können sich immer mehr ein Auto oder sogar einen Wohnwagen leisten. Was anfangs noch ein einfacher Campingurlaub mit Zelt ist, wird in den 1970er Jahren nach und nach perfektioniert. Wohnmobile mit eingebautem Mobiliar, Kochgelegenheit und WC machen das Reisen komfortabel und autark. Den Lord Luxus 700 in Giesels Fotografie beschreibt der Verkaufsprospekt des Herstellers LMC aus dem Jahr 1978 als „die Krönung des Caravanings“. Hier bleibe „wirklich kein Wunsch unerfüllt, ob Schlafzimmer in Vario-Ausführung, ob Möbel in afrikanischen Edelhölzern oder dem Warmwasserkomfort im Waschraum – alles bieten diese beiden Spitzenmodelle europäischer Caravan-Technik.“ Giesel entscheidet sich bewusst dafür, Wohnwagen als ein wiederkehrendes Motiv in seiner Dokumentation Vorstädte zu verwenden. Auf einsamen Parkplätzen sind sie inmitten menschenleerer Wohnlandschaften einzeln oder in kleinen Gruppen abgestellt. Auf gleich zehn der 63 Fotografien bringen sie das Bedürfnis der Menschen zum Ausdruck, ihrem eintönigen Wohnumfeld zu entfliehen. In seiner Diplomarbeit schreibt der Fotograf: „Gerade weil die Campingwagen zum Beispiel so scheinbar widersinnig sind vor den menschenleeren Wohnlandschaften, wird deutlich, wie die Menschen sich heraus sehnen aus ihrer Wohnumgebung.“
Jule Lang