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Joachim Giesel, Porträt Friedensreich Hundertwasser, Hannover, 1964.

Ernst blickt der österreichische Maler und Architekt Friedensreich Hundertwasser uns an. Die Photographie entsteht anläßlich der Ausstellung Hundertwasser, die vom 25. März bis 3. Mai 1964 in der Kestner-Gesellschaft in Hannover als offiziell 100. Ausstellung des Hauses stattfindet. Mit 6.000 Besuchern ist sie ein großer Erfolg, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß der Künstler für Aufsehen sorgt: Während der Vorbereitungen lebt er drei Monate in Hannover, wo er mit seinem violetten Citroën und seinen exzentrischen Auftritten – meist mit Kosakenmütze und gefüttertem Mantel (wie auf Giesels Porträt) oder auch Kaftan – auffällt. Bei dem Gemälde, vor dem er sich aufgestellt hat, handelt es sich um sein Werk Grüne Türme in der Sonne (1963/64), das von den Komplementärkontrasten Rot/Grün und Blau/Gelb dominiert wird und das auf den ersten Blick als ein abstraktes Bild erscheint. Erst durch den Titel erschließt sich sein narratives Potential – der Künstler spricht von einer „Grammatik des Sehens“. So changiert das Gemälde zwischen Jugendstil und Japonismus, zwischen Klimt und Klee, zwischen Tibetteppich und Stadtsilhouette. „Jedes seiner Bilder ist ein Haus, das er sich schafft, ein Haus für die Seele, mit dem Labyrinth der spiraloiden Linien“, schreibt Wieland Schmied im Katalog. Geschickt hat der Photograph den Maler vor seinem Gemälde positioniert – indem dessen Körperkonturen und die gestreifte Kleidung die geschwungene Lineatur des Gemäldes fortsetzen, sind Künstler und Werk eins.

Martin Schieder

Zusatzmaterial