Tief im Westen

Die Deutschen sind urlaubsreif: Und alle zieht es nach Mallorca. Mittendrin Joachim Giesel, der sowohl privat als auch im Auftrag der Tourismusbranche den Sommer an der Playa verbringt, um Werbefotos für Plakate und Kataloge von TUI zu schießen. Mit dem Aufkommen des Massentourismus in den 1970er Jahren reisen die Deutschen vermehrt nach Spanien. Dort lockt die warme Sonne, das mediterrane Klima, gute Küche, das Meer sowie die Ferne vom Alltag daheim. Was sich zunächst nur Wohlhabende leisten können, wird in den 1980er Jahren durch das wachsende Angebot von günstigen Pauschalreisen für die breite Masse erschwinglich. Die Strände füllen sich, die lokalen Angebote passen sich den Wünschen der Gäst⁎innen an und „Malle“ wird das Reiseziel der Deutschen. Giesel ist dabei, als die Insel zum Stück Heimat unter der spanischen Sonne wird und blickt durch seine Kamera auf das Deutsche „buena vida“. Die sich sonnende Frau am überfüllten Strand liest in der Bild der Frau vom „Urlaubsflirt mit Happy End! 4 Hochzeiten“. Gemessen an den Bräunungsstreifen, scheint sie schon eine Weile das Inselleben zu genießen. Hinter ihr ragen Hotelkomplexe und solche, die es bald werden, empor. Die Deutschen verändern Mallorcas Erscheinungsbild: der Anteil von mehlweißer Haut steigt, Liegestühle werden mit Handtüchern reserviert, das Strandlokal bietet Reibekuchen mit Apfelmus und in blau-weißen Rauten lädt die deutschsprachige Wandreklame ins Hofbräuhaus zum Tanz ein. Massentourismus im neuen deutschen Bundesland. Was kann es Schöneres geben?

Marietta Mann