Joachim Giesel, Gymnastikgruppe im Altenheim (aus der Serie Der Mensch in der Gruppe), Hannover, vor 1977.
Es ist fünf nach zehn: In bunten Badeanzügen verschiedener Schnitte, mit Blumenmuster oder einfarbig, barfuß oder mit Schlappen bekleidet, posieren zehn Frauen am Beckenrand eines Hallenbades. In der hinteren Reihe haben sich zwei von ihnen eingehakt, eine dritte schlägt ein Tamburin. Sechs weitere sitzen auf dem gekachelten Rand des Beckens, während sich die letzte vor den Füßen der anderen auf dem Boden niedergelassen hat. Es handelt sich nicht um den Kader der deutschen Schwimmerinnen für die Olympischen Sommerspiele 1976, der sich so präsentiert. Es sind die Mitglieder der Gymnastikgruppe eines Altersheims, die im stolzen Alter von 70 bis 90 Jahren hier regelmäßig ihre Bahnen ziehen. In einer raffinierten Dreieckskomposition hat Giesel die Frauen, die abwechselnd einen einfarbigen und einen gemusterten Badeanzug tragen, so arrangiert, dass sich die Raumfluchten in der Mitte der Gruppe kreuzen. Im Hintergrund taucht für einen Moment eine weitere Schwimmerin auf, während am rechten Rand einige leere Liegen stehen. Das Lachen und die Fröhlichkeit der Abgebildeten wirken für die Betrachter⁎innen geradezu ansteckend und verleihen der Fotografie eine jugendliche Note, ganz anders als ihre Körper, die den menschlichen Prozess der Alterung nicht kaschieren. Doch die Gesichter und Gesten der Frauen verraten keinerlei Scham. Im Gegenteil: Sie ermutigen uns, gleich welchen Alters, positiv auf unseren Körper zu blicken und uns nicht vermeintlichen Schönheitsidealen zu unterwerfen.
Rickie Lynne Giesel